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Buchtipps - Romane/Erzählungen

Man liest dieses Buch leicht, schnell und gerne, obwohl es von etwas erzählt, was man sich eigentlich gar nicht vorstellen möchte: eine Kindheit im Krieg.

Geschichten aus dem Totalitarismus Im Februar 2022 wird Darja Serenko in einem Moskauer Café festgenommen und wegen eines Wahlaufrufs, den sie auf Instagram gepostet hatte, zu zwei Wochen Haft verurteilt. Am 23. Februar wird sie entlassen, am 24. greift Russland die Ukraine an, am 25. gründet Serenko mit anderen die Feministische Antikriegsbewegung. Mittlerweile befindet sie sich in Georgien im Exil.

Dieser schmale Roman hat seinen Platz im himmlischen Bücherregal zwischen Gustave Flauberts Madame Bovary und Thomas Bernhards Gesamtwerk. Eine Dreiecksgeschichte in einer Viererkonstellation, man könnte sagen, ein Roman im Dreivierteltakt. Die schüchterne Berta, die resolute Wilhelmine, der empfindsame Musiklehrer Rudolf. An dessen Stelle kehrt sein Freund Wilhelm aus dem Krieg dorthin zurück, wo er nie war, in die fiktive Stadt mit dem klingenden Namen Donaublau, und nimmt Rudolfs Platz als Vater von Bertas Kindern ein.

Originalfassung von 1932  »Lebensversicherung« ist so ein Wort wie »Arbeitgeber«: Es bringt die verdrehten Verhältnisse auf den Punkt. Eine Lebensversicherung enthält das Versprechen, mit einem Mal alle Sorgen los zu sein, unterschlägt aber, dass sie nur eine Lösung für die Nöte anderer ist und man selbst aus dem Leben zu verschwinden hat. Für jemanden, der kurz vor dem Ruin steht, kann allerdings selbst Letzteres zu einer verheißungsvollen Aussicht werden.

Eine Hochhaussiedlung in der Pariser Banlieue. Das Bisschen öffentlicher Infrastruktur, das irgendwann einmal zum Gefallen der Investoren erbaut wurde, steht auf der Abrissliste. Eine Betonplatte, darunter Parkdecks, darüber ein Pyramidendach. Auch sonst ist für die jungen Menschen, von denen Diaty Diallos Roman erzählt, nicht viel geboten. Doch Astor und seine Freund*innen verstehen sich darauf, das Beste aus dem Hier und Jetzt zu machen – demain c’est loins.

»In der patriachalisch-demokratischen Schweiz ist die blühende Frau ein Neutrum.« Diese Liebesgeschichte beginnt mit einem Hinweis auf das gegenderte Pronomen Es, und mit ihm endet sie auch: »Am besten du vergißt – Es«. »Es« ist Luise, genannt »das Lulubé«, Malerin von Beruf und verheiratet in Künstlerehe mit dem empfindsamen, blassen Angelus. Der Gatte verkörpert das Negativ von allem, was sie anzieht, denn Lulubé steht auf Faschingstrommeln, wilde Männer, Jagd und Stierkampf.

Allen, die in der Schule vor Langeweile umkamen oder zu Haus weinten, die in der Kindheit von ihren Lehrern tyrannisiert oder von ihren Eltern verprügelt wurden, widme ich dieses Buch. Jules Vallès Paris  

Das kitschige Cover und der Titel haben mich nicht angesprochen. Auch nicht der Klappentext, der vom „überraschenden Zauber“ von „Limonade und Schoko-Brownies im entscheidenden Augenblick“ säuselt. Vielleicht habe ich das Buch nur aufgeschlagen, weil ich nicht glauben wollte, dass Paula Fox so etwas begeistern könnte. Und was offenbart sich mir? Ein Roman, der Freiheit und Liebe einmal wirklich anders buchstabiert!

Natascha Wodin hat einen Roman über das Leben einer Tiefbauingenieurin aus Kiew geschrieben, die sie in den 1990ern in Berlin als Putzhilfe kennenlernte. Eine Ost-West-Migration, von einer Mangelwirtschaft in die andere, aus der realsozialistischen Notversorgungsgemeinschaft der Familie in die einsame Prekarität der großstädtischen Schattenökonomie. Auch ein Buch, durch das man Berlin mit anderen Augen sieht.

Annie Ernaux’ unpersönlich autobiografische Bücher zu lesen ist ein bisschen so, als wäre man bei einer archäologischen Ausgrabung dabei: Behutsam und konzentriert wird Schicht für Schicht eine Erinnerung freigelegt, und anhand des einzelnen Fundstücks wird sein gesellschaftlicher Kontext sichtbar. Das Ereignis handelt von Ernaux’ illegaler Abtreibung im Winter 1961/62. Die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen gehört leider nicht einer längst verschütteten Vergangenheit an.

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