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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783312003419
Sprache: Deutsch
Umfang: 256 S.
Format (T/L/B): 2.3 x 20.8 x 13.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Ein Transport zieht von Buenos Aires Richtung Süden. Unter den Gefangenen, die von den spanischen Siedlern in die Provinz gekarrt werden, befindet sich auch Ema, eine junge Mestizin. Nach wochenlanger Fahrt durch Staub und Morast der endlosen Pampa erreicht der Treck das Fort Pringles, den letzten Außenposten der Kolonie. Bei einem der Überfälle, die regelmäßig auf das Fort verübt und bei denen Vorräte geraubt und Frauen verschleppt werden, gerät auch Ema in die Fänge der Indianer.

Autorenportrait

César Aira wurde 1949 in Pringles, Buenos Aires, geboren, wo er als Schriftsteller und Übersetzer lebt. Er hat zahlreiche Romane und Erzählungen geschrieben und ist einer der bekanntesten Schriftsteller Südamerikas. Sein Werk umfasst mehr als dreißig Romane, Novellen und Erzählungen.

Leseprobe

Ein Treck zog langsam im Morgengrauen dahin, die Soldaten, die den Zug anführten, schaukelten, noch halb schlafend, auf ihren Reittieren hin und her, den Mund voll schaler Spucke. Man hieß sie jeden Tag ein paar Minuten früher aufstehen, je weiter das Jahr voranschritt, so dass sie viele Meilen schliefen, bis die Sonne aufging. Die Pferde bewegten sich, als habe man sie verhext oder als ängstige sie das unheimliche Geräusch ihrer Hufe auf dem Boden des Flachlandes, nicht weniger als der Kontrast zwischen der düsteren Erde und der durchscheinenden Tiefe der Luft. Es kam den Männern so vor, als klare der Himmel zu schnell auf und lasse der Nacht keine Zeit, sich aufzulösen. Von ihren Gürteln hingen blanke Säbel; den Stoff ihrer Uniformen hatten ungeschickte Hände zugeschnitten; mit den zu großen Käppis auf ihren geschorenen Köpfen sahen sie aus wie kleine Jungen. Wer rauchte, war auch nicht wacher als die anderen; die Zigarette zum Mund führen, tief inhalieren, alles schlaftrunkene Gesten. Der Rauch verflüchtigte sich in der eisigen Brise. Die Vögel stoben lautlos in dem grauen Zwielicht auseinander. Alles war Stille, wirkte umso stiller, wenn hin und wie- der der ferne Schrei eines Bronzekiebitzes erklang oder das ängstliche, sehr scharfe Schnauben der Pferde, die nur durch den Schlummer ihrer Reiter daran gehindert wurden, loszurennen bis zur Auflösung, so groß war das Grauen, das die Erde ihnen einflößte. Doch nichts löste sich aus diesen Schatten, mit Ausnahme eines schlaflosen Hasen, der durchs Gras Reißaus nahm, oder einer Motte mit sechs Flügelpaaren. Die Ochsen hingegen, überaus kurzbeinige Viecher, die in dem Zwielicht wirkten wie in einem Morast herumkriechende Raupen, waren vollkommen stumm, niemand hatte sie je auch nur einen Mucks von sich geben hören. Nur das Glucksen des Wassers in ihrem Innern, denn sie tranken Hunderte von Litern am Tag; sie waren abge-füllt, voll gepumpt mit Wasser. Vier Gespanne zogen jeweils einen Karren, groß wie ein Haus. Sie fuhren so langsam, und die Kraft, die man aufwenden musste, um sie zu bewegen, war so groß, dass sie mit unerschütterlicher Leichtigkeit dahinglitten. Es machte die Sache leichter, dass das Feld keinerlei Unebenheiten aufwies, und vor allem half der ungeheure Durchmesser der Räder aus Rotholz, mit einer hohlen Metallkugel in der Achse, die sie zweimal täglich mit honigfarbenem Fett voll schmierten. Die ersten Karren hatten Wetterplanen und waren mit Kisten bepackt, alle anderen waren offen, und die darauf zusammengepferchte Menge verschiedenster Leute dämmerte vor sich hin oder bewegte müde die angeketteten Glieder, um irgendeinen leeren und fernen Horizont zu betrachten. Doch das sepiabraune, manganfarbene Licht wurde nicht endlos heller. Ab einem bestimmten Augenblick begann es zu schwinden, als beuge sich der Tag einer Nacht ewiger Unruhe; um das Bild zu vervollständigen, fiel plötzlich ein trüber Regen. Die Soldaten hüllten sich in die Ponchos, die auf den Sätteln zusammengerollt waren, mit ebenso matten Gesten wie der zögerliche Regen, der ihnen die Hände nässte und dem Fell der Pferde einen durchdringenden Geruch entströmen ließ. Die Männer und Frauen auf den Karren regten sich nicht. Höchstens dass der eine oder andere sein Gesicht ins schwebende Wasser hielt, um es sich zu waschen, wie ein Toter. Und niemand sprach. Nicht alle hatten die Augen geöffnet. Allmählich wurde es wieder hell, und die Wolken färbten sich weiß. Dass kein Wind wehte, verlieh dieser Reiseszenerie etwas Irreales. Nach drei oder vier Stunden hörte der Regen auf, wie er angefangen hatte, hinterließ spiegelnde Flächen auf der Erde, die einen zweiten Himmel zurückwarfen und vor denen die ängstlichen Pferde sich nicht weniger fürchteten; am Ende des Trecks schleppte sich eine kleine Herde aus zweihundert wolfsgrauen Ersatzpferden dahin, rappeldürr, mit großen ausdrucksstarken Köpfen und kummervollen Augen; die Männer hatten schon eine große Menge ihrer ... Leseprobe

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